Madrid!
Heike war von der Frankfurter Buchmesse mit acht anderen Buchhändler*innen in die spanische Hauptstadt eingeladen, um dort Kolleg*innen und Autor*innen zu treffen und den Congreso de Librerías zu besuchen. Der Kongress für den spanischen Buchhandel stand in diesem Jahr unter dem Motto „Tausend Welten, ein Universum“: Vielfalt, Gemeinschaft und die Stärkung des Buches und des Buchhandels sind auch Themen der spanischen Kolleg*innen. Spanien ist in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse und hat viel vor: Spanien erlesen und erleben: Wir sind dabei #NippEspaña.
Wie war es in Madrid? Noch während der Reise konnte man die Sprühende Kreativität, die Parole, mit der Spanien als Ehrengast antritt, in Heikes Postings bei Instagram verfolgen. Sie war mit Buchhändler*innen aus ganz Deutschland unterwegs: Lilly Ludwig (Buchhandlung Jakob, Nürnberg), Laura Gollnow (Buchhandlung Graff, Braunschweig), Florian Valerius (Buchhandlung Gegenlicht, Trier), Walter Vennen (Buchhandlung Schmetz am Dom, Aachen), Maximilian Müller (Buchhandlung Knesebeck Elf, Berlin), Manfred Keiper (Andere Buchhandlung, Rostock), Tanja Leck (Hugendubel, München) und Marianne Gasser (Bücherladen Marianne Sax, Frauenfeld).
„Eine tolle Reisegruppe!“
Und sie hatte noch mehr zu erzählen, über die Reise, die Begegnungen und die Orte:
„Eines der Highlights in Madrid waren die Buchstände in der Cuesta de Moyano. Die Straße ist gleich neben dem Retiro-Park gelegen, unweit vom Botanischen Garten. Da sind dreißig oder vierzig Buchstände, nicht nur Bücher aus zweiter Hand, sondern auch Neuerscheinungen. Manche Stände sind spezialisiert auf Comics und Mangas, manche auf Klassiker, eine hatte nur Musik da, Literatur über Musik. Sie pries Deutschland als das Land der Musik und zeigte uns eine alte Partitur von Bach, angeblich ein Erstdruck.
Dieser Markt mit den Buchständen ist 1919 gegründet worden. Unsere Reiseführerin hat ebenfalls dort einen Buchstand. Die Stände werden oft über Generationen vererbt. Sie kam aus einer solchen Buchhändler-Familie und zeigte auf verschiedene Stände und tatsächlich war jeder dritte Stand von der Schwägerin, von der Schwester, vom Bruder - es wirkte sehr familiär.
Aktivist*innen für die Buchkultur
Viele dort sind mit großer Leidenschaft dabei und sie verstehen sich als Aktivist*innen für die Buchkultur. Sie setzen sich dafür ein, für den Erhalt dieser Unterstützung von der Stadt zu bekommen, etwa in Form von geringeren Mieten für die Buchstände.
Die Förderung für das Buch durch den Staat ist ohnehin sehr ausgeprägt in Spanien. Hintergrund ist, dass es dort 20 % weniger Leser im Vergleich etwa zu Deutschland haben. Weder Autor*innen noch Übersetzer*innen bekommen für Lesungen ein Honorar. Die Buchhändler*innen verdienen mit den Lesungen selbst auch nichts. Sie werden kostenlos angeboten, selbst den Wein gibt es dazu. Etwas wie die LIT.cologne wäre in Madrid eine richtige Revolution für die Buchwelt dort.
Wir haben viele Buchhandlungen besucht, unabhängige Buchhandlungen, sehr schöne, kleinere und auch größere, meist mit Veranstaltungsort oder Café dabei, manchmal mit Galerie. Alle, die wir kennengelernt haben, können vom Buchhandel oder Schreiben allein nicht leben und verdienen sich mit anderen Jobs etwas dazu. Die Buchhandlung im Norden von Spanien, in Leon, mit der ich zusammen ein Buch im Rahmen von BuddyReads lese (dazu folgt noch ein Blogbeitrag), ist eine Kooperative, die Bücher, Schallplatten und auch Kleidung von lokalen Designer*innen verkaufen. Im dazugehörigen Café kann man sich wunderbar entspannen. Diese Kooperativen findet man in den Buchhandlungen häufiger und sie ziehen ganz unterschiedliche Leute an. Die Buchhandlungen sind also auch kultureller Treff einer Stadt.
Die erste Gruppenreise meines Lebens mit fremden Menschen. Das war wirklich ein außergewöhnliches und gutes Erlebnis. Wir haben uns einfach total gut verstanden. Wir waren neun Buchhändler*innen aus ganz Deutschland und die Mitarbeiterin der organisierenden Agentur projekt2508), die das organisiert hat, alle zwischen Ende 20 und Mitte 60, Frauen und Männer. Nach wie vor gibt’s die WhatsApp-Gruppe, die eigentlich nur für die Reise gedacht war, und Besuche untereinander stehen an.
Mindestens drei Happen
Wir hatten ein sehr dichtes Programm, das muss man schon sagen. Wir haben am ersten Tag vier oder fünf Buchhandlung besucht und uns mit den spanischen Kolleg*innen dort ausgetauscht über Praxis und Alltag dort. Es waren nicht nur inspirierende Gespräche, sondern auch kulinarische Genüsse, die uns von den spanischen Kolleg*innen geboten wurden. Ich habe mich gefühlt wie nach drei Tagen Familienfest, wo man immer nur isst. Aber mindestens drei Happen musste jeder essen, auch in der letzten Buchhandlung eines Tages. Das gebietet die Höflichkeit. (lacht)
Mittag- und Abendessen waren weitere Highlights: Immer waren Autoren*innen und Mitarbeiter des Kultusministeriums dabei, mit denen wir anregende Gespräche über Literatur, Buchförderung und weitere Themen, über die Buchhändler*innen sowohl in Spanien wie in Deutschand gerne sprechen. Sie fragten uns unter anderem, welche Tipps wir ihnen geben könnten, damit wir in Deutschland spanische Literatur besser verkaufen. Meines Erachtens war die Einladung des spanischen Staates an deutsche Buchhändler schon mal eine großartige Wertschätzung. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns in unseren Buchhandlungen noch stärker als bisher für die spanischen Bücher einsetzen werden. Und den Multiplikationsfaktor wird es durch unsere hoffentlich ansteckende Begeisterung bestimmt geben.“
Das zeigte sich auch im BuddyReads-Projekt, in dem Heike mit den Kolleg*innen aus Leon ein Buch las und sich während des Lesens via Instagram austauschte. Mit Folgen. Davon erzählen wir im nächsten Blogbeitrag!
Alle Fotos: Heike Thelen