Vielleicht teilen Sie in diesen Tagen mein Bedürfnis nach kürzeren Texten? Wenn ich mich schwer tue mit umfangreicheren Romanen, bin ich froh über gut erzählte Kurzgeschichten. Hilary Mantel, deren Tudor-Trilogie ich sehr gern gelesen habe, nimmt uns in "Sprechen lernen" mit in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, in die Dörfer des ländlichen Englands. Sie erzählt von jungen Menschen und dem Leben selbst, von Herkunft, Religion und Sprache. Hintersinnig und klug.
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence.
In ›Sprechen lernen‹ folgen wir Hilary Mantels Figuren ins England der Fünfziger- und Sechzigerjahre, betreten abgelegene Dörfer und Schrottplätze, besuchen altmodische Kaufhäuser und Klosterschulen. Es sind diese unscheinbaren, »von rauen Winden und derben Klatschmäulern geplagten Orte«, die zum Schauplatz eben jener Momente werden, die den jungen Protagonisten und Protagonistinnen noch lange in Erinnerung bleiben. Momente, die ihr Leben für immer prägen werden: das Verschwinden des leiblichen Vaters, die neue Identität der Mutter, das plötzliche Verlorengehen und das mühsame Sprechenlernen.
Leicht, aber voller Hintersinn und mit gnadenlosem Witz gewährt uns die zweifache Booker-Preisträgerin einen erzählerischen Einblick in die Rätsel ihrer Kindheit und Jugend, ohne sie je in Gänze aufzulösen.