Im Werk Ishiguros ist die Erinnerung und die Funktion von Erinnerungen ein zentrales Thema. Auch sein wohl bekanntester Roman – 1989 mit dem »Booker Prize« ausgezeichnet – bildet dabei keine Ausnahme: Im Zentrum der Handlung von Was vom Tage übrig blieb steht der Versuch des alternden Butlers Stevens, sich Aufschluss über sein vergangenes Leben zu schaffen und dabei gleichzeitig seine Selbstachtung zu wahren. Ishiguros Intention ist, dem Leser zu zeigen, dass »Geschichte« an sich sinnlos und willkürlich ist und dass das Vergangene nur durch das Individuum in Form von sinnstiftenden Erzählungen greifbar ist. Analog zu Autoren wie Ian McEwan oder Graham Swift wird auch in den Romanen des Nobelpreisträgers Ishiguro die bedeutende Rolle des Erzählens und der Literatur zum Gegenstand des Erzählten selbst. Bei aller Melancholie zeichnen sie sich zudem durch einen tiefgreifenden Humanismus aus. Ein Autor, der des Nobelpreises würdig ist.
Stevens dient als Butler in Darlington Hall. Er sorgt für einen tadellosen Haushalt und ist die Verschwiegenheit in Person: Niemals würde er auch nur ein Wort über die merkwürdigen Vorgänge im Herrenhaus verlieren. Er stellt sein Leben voll und ganz in den Dienst seines Herrn. Auch die vorsichtigen Annäherungsversuche von Miss Kenton, der Haushälterin, weist er brüsk zurück. Viele Jahre lang lebt ergeben in seiner Welt, bis ihn eines Tages die Vergangenheit einholt. Das kritische Portrait einer von Klasse und Hierarchien geprägten Gesellschaft und eine bittersüße Liebesgeschichte, erzählt von einem, der seinen Stand nie hinterfragt und der nie auch nur geahnt hat, dass er liebte.